Nachdem uns die Klettercrew in Elafonisis verlassen hat, fahren Matthias und ich weiter nach Kalamata. Dort wollen wir uns auf die Überfahrt nach Sizilien vorbereiten. Geplant ist die Überfahrt zu dritt zu machen. Leider bekommen wir ein paar Tage zuvor einen Anruf von unserem Freund aus der Schweiz: "Habe mir beim Jätten den Fuss gebrochen. Segeln wird schwer..."
Also werden wohl nur wir beide die Überfahrt antreten.
Bevor es los geht müssen noch ein paar Arbeiten erledigt werden. Neue Dieselfilter werden eingebaut, eine der Winschen will revidiert werden, Einkauf und Haarschnitt sind dringend nötig.
In der Marina von Kalamata lernen wir Yannick kennen, der mit seiner "Dötzi" die gleiche Überfahrt plant. Die Windsituation ist nicht gerade berauschend. Für die nächsten Tage ist nur wenig Wind angesagt. Da sich die Situation über den ganzen Vorhersagezeitraum nicht ändert, beschliessen wir trotzdem loszufahren.
Wir kreuzen zusammen mit der "Dötzi" langsam aus der Bucht von Kalamata. Es wird Nacht und wir beginnen mit dem Schichtwechsel. Es ist viel los in der Region. Viele Fähren und Frachter unterwegs nach Griechenland und in die Türkei kommen hier durch. Auf dem AIS (Automatisches Identifikationssystem) können wir jeweils sehen wie sie heissen, wie lang und wie schnell sie sind und manchmal auch woher sie kommen und wohin sie gehen. Dazu ein Sternenhimmel: Himmlisch!
Wir versuchen alles um möglichst viel zu segeln. Aber wenn die Geschwindigkeit jeweils für längere Zeit unter 2 Knoten fällt (ca. 3.7km/h) wird es auch uns zu blöd und wir starten den Motor. Mitten auf der Adria werden wir zwei mal von Frontex Booten besucht. Sie fahren jeweils eine Weile stumm und ohne Kontakaufnahme nebenher und drehen dann wieder ab. Wenn wir gerade ungestört sind gönnen wir uns täglich ein Bad. Beim ersten Mal kommt es einem noch komisch vor, vom Boot zu springen, wissend dass das Wasser bis zu 3000 m tief und das nächste Land bis zu 300 km entfernt ist.
Am dritten Tag habe ich Spätschicht (von 21 bis 02 Uhr). Der Wind ist unstetig und der Horizont voller Blitze und Wetterleuchten. Auf dem Radar sehe ich die Gewitterzellen. Rundherum. Ich sitze drinnen am Radar und beobachte wie die Regenschauer an uns vorbei und teils auch über uns ziehen. Kurz bevor ich an Matthias übergebe scheint alles vorbei und wir segeln wieder mit guten 5 Knoten.
Ich liege noch keine halbe Stunde im Bett, als ich schon wieder geweckt werde. Eine grössere Gewitterwolkte zieht genau auf uns zu. Wir wollen das Grosssegel reffen, entscheiden uns jedoch es gleich ganz zu bergen. Minuten später sind wir bis auf die Haut nass und das Segel ist geborgen.
Matthias übernimmt wieder und ich versuche zu schlafen. Unmöglich bei dem Geschaukel.
Am nächsten Morgen sieht die Welt wieder friedlicher aus. Die Sonne scheint und es geht kaum Wind. Beim Spaziergang über Deck entdecke ich ein Calamari, welches wohl während dem Sturm an Deck gespühlt wurde.
Nach drei Tagen ist es geschafft: Wir erreichen unseren Zielort Catania auf Sizilien. Der Yachthafen Catanias liegt im Fährhafen. Es gibt drei unabhängig bewirtschaftete Stege. Abends versuchen vier Openair-Diskoteken Gäste mit lauter Musik anzulocken. Schlafen wird einem auch hier nicht einfach gemacht ;-).
Wir haben uns Catania aber nicht wegen der "schönen" Hafenanlage ausgesucht, sondern da es gute Mechaniker und Shops geben soll. Es steht eine längere Reparaturpause an.
Unser Generator hat vor kurzem den Geist aufgegeben und muss dringend repariert werden. Der Mechaniker kommt vorbei und schaut es sich an. Nach längerem Probieren ist er überzeugt, dass nicht der Starter das Problem ist, sondern der Motor. Jedoch habe er keine Zeit es zu reparieren. "Ab Oktober dann...". Kommt nicht in Frage, so lange können wir hier nicht warten. Aber lohnt sich die Reparatur überhaupt noch?
Auch einige andere Arbeiten stehen an: Auf der Überfahrt haben wir bemerkt, dass beim Fenster in der Bugtoilette Wasser eindringt. Leider nicht durch die Dichtung sondern durch den Rahmen. Matthias und ich sitzen auf dem Bug und getrauen uns nicht so recht, das Problem anzupacken. Ohne dieses Fenster können wir den Hafen auf keinen Fall verlassen. Wenn wir es jetzt öffnen und dabei grössere Schäden entdecken, hängen wir lange hier fest... Wir setzen trotzdem den Schraubenschlüssel an. Voller Freude stellen wir fest, dass sich alle Schrauben lösen lassen. Aber das Fenster? Das ist am Aluminiumrahmen durchoxidiert. Da muss wohl ein neues her. Wir haben Glück und können schnell ein passendes abholen. Es folgt eine Woche des täglichen Schleiffen, Streichen, Schleiffen, Streichen, bis wir das neue Fenster schliesslich einsetzen können. Sieht super aus!
Ausserdem haben wir Diesel in der Bilge entdeckt. Als wir die Schläuche genauer begutachten ist der Fall klar: Das Material hat sich vollgesogen und aufgelöst. Kein Wunder, dass der Diesel den Weg in die Freiheit gefunden hat. Also werden alle schlechten Schläuche rausgerissen und neu verlegt. Ca. 30m Schlauch muss ersetzt werden. Das anschliessende Putzen der ganzen Bilge nimmt mehrere Tage in Anspruch. Nebenher bauen wir die neue Toilette ein, das neue Leichtwind-Vorsegel kommt an.... Wir arbeiten von früh bis spät.
Wir möchten so bald wie möglich diesen schrecklichen Hafen verlassen um wieder hinaus aufs offene Meer zu segeln. Darauf plangen wir jeden Tag.