An Tag 6 unseres abenteuerlichen, aber schwachwindigen Segeltörns erwartet uns… Na was wohl? Wieder Flaute. Kein Wunder also, dass das Bohren und Schrauben auch heute weitergeht. Wobei ich wohl die beste Aufgabe habe: Mit Neopren, Tauchmaske und Schnorchel bewaffnet darf ich die Ausrüstung für „Mensch über Bord“-Situationen testen. Ein nasses, aber unterhaltsames Vergnügen!
Da wird plötzlich die entspannte Stimmung von einem erschreckten „Ou ou ou ou ou!!!!“ unterbrochen. Mätthu schiesst wie ein Pilz aus dem Motorenraum ins Freie. Die Dieselheizung, welche er schon den ganzen Tag zu reparieren versucht, ist doch noch angesprungen. Sie hat dabei wegen eines Defektes den Motorenraum schlagartig mit stinkenden Abgasen gefüllt und so unseren Bastler zum fluchtartigen Verlassen seines Baus gezwungen.
Abends fällt wieder der Anker und Reto kocht ein feines Znacht, während ich die immer noch leicht nasse Bilge fertig trockne. Da lässt mich ein leise plätscherndes Geräusch aufhorchen. Zwar sind Geräusche auf einem Boot ganz normal, nur hatte ich dieses bisher noch nie gehört. Und wenn ich etwas nach diesen wenigen Tagen gelernt habe ist es, dass man auf der Mauna Loa vor Überraschungen nicht gefeit ist. Mit einer bösen Vorahnung stürze ich ins Bad, wo ich kurze Zeit vorher die Toilette benutzt habe: Und sehe das Klo pausenlos spülen. Das Wasser läuft längst über die Schüssel und auf den Boden, was das Klo aber nicht im Geringsten zu interessieren scheint: Es gurgelt einfach munter weiter. Solange bis Mätthu – der im mittlerweile ausgelüfteten Motorenraum immer noch mit der Heizung beschäftigt ist – die Pumpe deaktiviert und damit dem Klo des Grauens den Garaus macht. Bhu, dieses Schiff führt wirklich ein Eigenleben!
Am nächsten Tag steht entspanntes Segeln unter Gennaker der Küste entlang nach Norden auf dem Programm. Es wird ein ziemlich gemütlicher Tag mit einem guten Mix aus Reparaturarbeiten und Entspannen.
Das brauchen wir auch, denn Tag 7 wird lang: Unmittelbar nach dem Zmorge fahren wir los, melden uns beim Zoll in Kroatien ab und nehmen den Weg in Richtung Venedig unter den Kiel. Zunächst unter Segeln, später wegen erneuter Flaute leider auch unter Motor. Grosse Frachter queren unseren Weg. Und irgendwann haben wir noch einmal das Vergnügen, den Filter des Motors zu reinigen, diesmal geht’s aber schon doppelt so schnell wie beim ersten Mal.
Leichter Nebel hängt über der Wasseroberfläche und es ist längst Nacht, als wir den Hafen von Cortellazzo in der Nähe von Venedig erreichen. Wir sind gerade daran die Hafeneinfahrt zu passieren, als der Nebel auf einmal massiv zunimmt. Von einer Sekunde auf die andere finden wir uns in einer undurchdringlichen, weissen Wand wieder. Unter Radar nähern wir uns vorsichtig dem Hafen, sorgfältig auf Geräusche aus dem Nebel achtend, die allfällige Hindernisse verraten könnten. Schemenhaft zeichnen sich die aufgehängten Netze der Fischer an den Hafenkränen ab, eine gespenstische Szenerie… Leider haben wir im dichten Nebel keine Chance, irgendwo sicher anzulegen, so dass wir uns zur Weiterfahrt nach Jesolo entschliessen.
1 ½ Stunden später stellt sich uns in Jesolo aber das gleiche Problem. Dummerweise müssen wir Matthias samt seinem Gepäck aber unbedingt an Land bringen, da er in aller Frühe einen Flug ab Venedig hat. Da unser Dinghi eine Reparatur benötigt und zurzeit nicht einsatzklar ist, haben wir für Notfälle mein Aare-Gummiboot mitgenommen. Dieses pumpen wir nun bei dichtem Nebel auf dem Vorschiff auf, bevor Mätthu und Reto damit an Land rudern. Und im Zuge dieser Nacht- und Nebel-Aktion weit nach Mitternacht kommt mangels schnell greifbarer Alternativen auch eine Bratpfanne als notfallmässiger Anker auf dem Gummiboot zum Einsatz…
Glücklicherweise werden wir trotz unserer dubios anmutenden Aktion nicht verhaftet, und so treten Reto und ich am nächsten Tag mit Mauna Loa den Rückweg zu unserem Liegeplatz in Lignano an. Wir sehen keine 100 Meter weit, als wir uns unter Radar und den nötigen Signalen mit dem Schiffshorn durch den Nebel bewegen. Eine sehr lehrreiche Fahrt! Als sich der Nebel lichtet erwartet uns sonnigstes Wetter und zum Schluss beste Gennaker-Bedingungen. Mit fast 8 Knoten durchsegeln wir den Kanal in Lignano, um unsere Dame etwas später sicher an ihrem Ursprungsort zu vertäuen.
Die Feuertaufe haben wir überstanden. Vielen Dank liebes Schiff, du hast uns bereits in dieser ersten Woche viel gelehrt. Wir wurden gefordert, aber auch gefördert. Wir freuen uns auf viele weitere Meilen mit dir!